»Ihr könnt mich mal«
SPIEGEL-Gespräch Der eine konnte noch nie etwas mit Amerika anfangen, bei dem anderen ist es enttäuschte Liebe – in ihrer Kritik an den USA aber sind sich Altkanzler Gerhard Schröder und der Historiker Gregor Schöllgen einig. In ihrem Verständnis für Russland auch.

Schröder, 76, federt durch das Büro seiner Anwaltskanzlei in Hannover. Auf den Tischen liegen Kunstbücher, auf dem Boden zwei Hanteln. Der Altkanzler begrüßt Schöllgen, 69, der direkt vom Bahnhof kommt und noch seine Maske trägt. Der renommierte Historiker aus Erlangen hat vor Jahren eine dickleibige Schröder-Biografie verfasst. Regelmäßig diskutieren die beiden über die Weltlage. Aus diesen Gesprächen ist jetzt ein gemeinsames Buch entstanden, das in diesen Tagen erscheint. Es trägt den Titel »Letzte Chance. Warum wir jetzt eine neue Weltordnung brauchen«(*). Ja – warum eigentlich?
SPIEGEL: Herr Schröder, Herr Schöllgen, was ging Ihnen durch den Kopf, als Sie die Bilder der Erstürmung des Kapitols in Washington sahen?
Schröder: Ich habe mir nicht vorstellen können, dass ein US-Präsident zu einem Sturm auf das Kapitol aufruft, um das Weiße Haus nicht räumen zu müssen. Klar ist ja, dass Trump die Aggressivität der Demonstranten noch befeuert hat, als er sie aufforderte, zum Kapitol zu ziehen.