Die Nazijägerin
Protest
Seit mehr als 30 Jahren fährt Irmela Mensah-Schramm durch Deutschland, um rassistische Graffiti und Aufkleber zu entfernen. Sie erlebt ein Land, in dem Menschen Hakenkreuze an Wände schmieren – und sich nur wenige daran stören.
Von Yannick Ramsel

Es begann mit Rudolf Heß. Sie sah den Aufkleber am Morgen auf dem Weg zur Arbeit, es war 1986, und der Sticker prangte an der Scheibe des Wartehäuschens einer Berliner Bushaltestelle. Irmela Mensah-Schramm stieg in den Bus, Linie 118, und fuhr zur Arbeit, sie war heilpädagogische Lehrkraft an einer Schule für Menschen mit geistiger Behinderung. »Freiheit für Rudolf Hess« hatte auf dem Aufkleber gestanden. Heß, Hitlers Stellvertreter in der NSDAP, saß damals wenige Kilometer entfernt im Spandauer Kriegsverbrechergefängnis. Als Mensah-Schramm im Bus saß, dachte sie: Du Vollidiotin, warum hast du den Aufkleber nicht entfernt?