Auftrag zur Achtsamkeit
Kristine Bilkau erzählt in Die Glücklichen vom Scheitern einer Boheme-Familie.
Luchterhand; 304 Seiten; 19,99 Euro.
Von Anke Dürr

Dieses Buch handelt von uns. Von der Gegenwart, von der man nicht weiß, wie lange sie noch anhält. Einer Zeit, in der die erwachsen gewordenen Kinder der Nachkriegsgeneration keine größeren Sorgen haben als die, ob man den Biobrei fürs Kleinkind mit Leitungswasser anrühren darf. Kristine Bilkau, 41, erzählt in ihrem Romandebüt von Isabell und Georg, einem Paar ihres Alters. Er ist Tageszeitungsredakteur, sie Cellistin im Orchester einer Musicalproduktion, der Sohn Matti kann noch nicht laufen. Sie wohnen in einer Altbauwohnung in einem angesagten Viertel von Hamburg, der alteingesessene Bäcker wurde gerade von einer »Backmanufaktur« verdrängt. Alles in ihrem Leben ist Bewusstsein, Achtsamkeit, Lifestyle. Aber Isabell hat plötzlich ein Zittern in der Hand, größere Erschütterungen ihrer neobürgerlichen Existenz folgen: Isabell muss ihren Job aufgeben, Georg verliert seinen, weil die Zeitung pleite ist. Den Kampf der beiden gegen ihren Abstieg, für ein Leben, das gerade noch selbstverständlich schien, beschreibt Bilkau unaufgeregt, aber gnadenlos genau. Der Titel des Buchs wird plötzlich zur Bedrohung: Glücklich zu sein, war das nicht der Auftrag an diese Generation? Aber postmateriell kann nur leben, wer sich um die Miete keine Gedanken machen muss. Isabell und Georg ist dennoch eine Art Happy End gegönnt: Sie erfinden sich neu, im Kleinen. Die Welt um sie herum ist – noch – die gleiche.