Großer Reporter, was nun?
In dem Tatsachenroman Möbelhaus von Robert Kisch erzählt ein anonymer Autor von seinem Abstieg als preisgekrönter Reporter zum Möbelverkäufer.
Droemer Knaur; 320 Seiten; 12,99 Euro.
Von Wolfgang Höbel

Die Story eines Abstiegs. Der nicht mehr ganz junge Held, früher mal ein mutiger, preisgekrönter Zeitschriften- und Zeitungsreporter, hat als Möbelverkäufer mit vielen schrecklichen Kunden und Kollegen zu tun. Seinen alten Beruf hat er nicht vergessen, deshalb verkündet er: »Aufschreiben. Nur darum geht es.« Das Buch Möbelhaus ist als »Tatsachenroman« ausgewiesen. Der Autor, ein Berliner, benutzt das Pseudonym Robert Kisch, erzählt ansonsten aber ungeschützt und realistisch: vom Niedergang der Liebe zu seiner Frau, mit der er ein Kind hat. Von den Magazinredakteuren, die ihn einst hofierten und ihn nun wegen der Medienkrise nicht mehr beschäftigen. Von der Gemeinheit der Verkäufer im Möbelhaus, die auf Provision arbeiten und einander in wölfischer Konkurrenz belauern. Nicht zufällig erinnern die Leiden des Helden in seinem Möbelhausjob – »schlimmer als Prostitution« – an den Herrenbekleidungsverkäufer Johannes Pinneberg in Hans Falladas Kleiner Mann, was nun? aus dem Jahr 1932. Möbelhaus ist eine anrührende, zornige Krisen-Klage. Natürlich hat die Kraft dieses Buchs damit zu tun, dass es von einer Angst vor plötzlicher Verarmung erzählt, die vielen zum Mittelstand zählenden Leserinnen und Lesern bekannt vorkommt. Stets spürt man seine Trauer über das Ende der goldenen Zeit des deutschen Journalismus. Und doch liefert Kisch auch eine tröstende Erkenntnis für alle zum Schreiben Begabten. Wie schlimm auch immer es für sie kommen mag, so lernt man hier: Aufschreiben hilft!