Angekündigte Katastrophe
Europa Deutschland und seine EU-Partner wollen Flüchtlingsdramen im Mittelmeer verhindern. Eine Rekonstruktion ihrer Politik zeigt, wie sie seit dem Unglück vor Lampedusa im Oktober 2013 das Gegenteil bewirkten.

Wie sich die Bilder und Worte gleichen. Damals sagte die Bundeskanzlerin, sie sei »tief bestürzt« - heute sagt sie, sie sei »erschüttert«. Damals sagte der EU-Kommissionspräsident, er werde die Toten nie vergessen, und es müsse etwas geschehen - heute sagt er: »Der Status quo ist keine Option mehr.« Damals sprachen Europas Innenminister von einem »Horrorereignis« - heute von »blankem Horror«. Zwischen damals und heute liegen 19 Monate. Und mehrere Tausend Tote im Mittelmeer. Damals, das war die Nacht zum 3. Oktober 2013. An Bord eines alten Kutters, der vom libyschen Misurata aus in See gestochen war, brach ein Feuer aus. In Sichtweite der kleinen italienischen Insel Lampedusa gingen mehr als 500 Menschen über Bord, die meisten von ihnen Somalier und Eritreer. Nicht einmal jeder Dritte überlebte. Die Särge im Flughafen-Hangar von Lampedusa wurden zum Sinnbild für Europas »Schande«, wie es Papst Franziskus formulierte.