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Unterwegs zum Sozialismus?

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Nr. 20 / 10.05.1970 Alle Ausgaben
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»GLASPERLENSPIELE SCHADEN DEM ANSEHEN DER JUSTIZ«

Arthur Meinberg, vor neunzehn Jahren wegen Mordes zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt, wurde vor zwei Wochen freigesprochen -- in einem Wiederaufnahmeverfahren, wie vor ihm Hans Hetzel, Johann Lettenbauer und Maria Rohrbach, Doch für die Fehlurteile der deutschen Justiz stehen nicht nur die bekannten Kapitalfälle: Innerhalb von vierzehn Tagen werden in der Bundesrepublik durchschnittlich drei Strafurteile rechtskräftig, die sich später als hinfällig erweisen -- so das Resultat einer Untersuchung des Tübinger Strafrechtlers Peters, von der ein Auszug im SPIEGEL (19/1970) abgedruckt wurde. Gerade bei den Kapitaldelikten aber erweist sich die Konstruktion des deutschen Strafprozeßrechts als unzulänglich. Denn was jedem Verkehrssünder und jedem Ladendieb zusteht, verwehrt das Gesetz dem, der wegen Mordes, Totschlags oder Raubes angeklagt wird. Er kann gegen das Urteil nicht Berufung einlegen und seinen Fall nicht in einer zweiten Tatsacheninstanz noch einmal untersuchen lassen; er kann Revision einlegen. Doch welchen Sachverhalt die Richter in der Hauptverhandlung festgestellt haben, wie sie die Beweise gewertet und wem sie geglaubt haben -- das darf die Revisionsinstanz nicht nachprüfen, denn sie kann ein Urteil nur bei Rechtsfehlern aufheben. Fehlurteile aber -- so Peters -- beruhen meist auf falschen Tatsachenfeststellungen. Einzige Möglichkeit einer Urteilskorrektur bei Kapitaldelikten bietet dann das Wiederaufnahmeverfahren. Gesetz und Rechtsprechung aber haben diesen Ausweg an so strenge Voraussetzungen geknüpft, daß es Verurteilten -- die SPIEGEL-Serie (15 - 18/1970) zum Fall Ferbach-Brühne belegt es -- nur in Ausnahmefällen gelingt, das Strafverfahren mit einer neuen Beweisaufnahme noch einmal aufzurollen.

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